Wandern in den Pyrenäen: Drei-Tages-Rundtour mit Zelt auf den Pic Carlit
Die Pyrenäen – eine wilde, raue Bergwelt voller versteckter Seen, weiter Täler und einsamer Wanderwege. Vor über einem Jahr haben mein Freund und ich uns auf den Weg gemacht und einen Roadtrip durch diese traumhafte Region unternommen. Mit verschiedenen Wanderungen haben wir die Pyrenäen erkundet, doch der Höhepunkt war unsere Drei-Tages-Rundtour mit Zelt und der Besteigung des Pic Carlit in den östlichen Pyrenäen – ein unvergessliches Erlebnis, das mich sogar ein paar Tränen gekostet hat. Warum? Das erfährst du in diesem Beitrag!
Diese Tour hatte alles: einzigartige Natur, hin und wieder das Gefühl in Kanada gelandet zu sein, stille Momente, anstrengende Anstiege – aber auch die Freude, am Abend den perfekten Zeltplatz zu finden und mit Blick in den Sternenhimmel einzuschlafen. In diesem Beitrag erzähle ich von unserer Route, den schönsten Abschnitten und gebe dir praktische Tipps, falls du selbst losziehen möchtest. Außerdem stelle ich dir ein paar kürzere Tageswanderungen vor, die sich in der Region besonders lohnen.
Lass dich inspirieren und vielleicht stehst du ja bald selbst auf einem der Gipfel!
ÜBERSICHT | ROUTE | Etappen | Tageswanderungen | Fazit
Übersicht
Länge: 25,8 km
Dauer: 2 - 3 Tage
Start & Ende: Lac des Bouillouses
Art: Rundtour
Anreise: Auto oder ÖPNV
Beste Reisemonate: Juni bis September
Übernachtung: Zelt
Schwierigkeit: Anspruchsvoll durch die Besteigung des Pic Carlit
Für Wen? Für alle die ein Abenteuer, als auch eine herausfordernde, aber machbare Wanderung suchen
Route
Etappen
Etappe 1: Vom Lac des Bouillouses in die Bergwildnis
Dauer: 03:56 h | Länge: 10,9 km | Komoot
Der Startpunkt unserer Tour liegt am malerischen Lac des Bouillouses, einem großen Stausee, der sowohl bei Einheimischen als auch bei Tourist*innen ein beliebtes Wandergebiet ist. An bestimmten Wochentagen ist die einspurige Straße zum See gesperrt, sodass er dann nur mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar ist. Besonders in den Sommermonaten lohnt es sich, unter der Woche anzureisen, um den großen Besucherandrang zu vermeiden.
Zu Beginn ist der Weg noch gut frequentiert, doch je weiter man sich vom See entfernt, desto einsamer wird es. Der erste Abschnitt führt stetig am Ufer entlang und bietet immer wieder schöne Ausblicke auf das Wasser. Die Wanderwege sind gut erkennbar, erfordern aber Trittsicherheit. Durch weite Wiesen schlängelt sich der Pfad langsam nach oben, bis man einen kleinen Pass erreicht. Von dort aus geht es bergab zu einem weiteren Bergsee, der unser Übernachtungsplatz wurde – mit traumhafter Aussicht. Leider war der See selbst nicht zugänglich.
Über den Tag verteilt gab es ausreichend Wasserquellen in Form von Flüssen oder Bächen, sodass die Wasserversorgung mit einem Wasserfilter oder Entkeimungstabletten problemlos möglich war.
Wir haben hier eine erholsame Nacht verbracht und konnten die Ruhe der Natur in vollen Zügen genießen.
Highlights: Lac des Bouillouses, glasklare Bergseen, erste Gipfelblicke
Etappe 2: Gipfelglück auf dem Pic Carlit (2.921 m)
Dauer: 04:22 h | Länge: 8,56 km | Komoot
Der zweite Tag steckte voller Überraschungen und Herausforderungen – gekrönt von ein paar Tränen. Zunächst geht es gemütlich oberhalb des Sees entlang, durch eine einzigartige Landschaft. Auch hier ist die Wasserversorgung dank zahlreicher Bäche und Flüsse kein Problem.
Langsam nähern wir uns der alpinen Besteigung des Pic Carlit. Unsere Vermutungen, welcher Gipfel es letztendlich sein würde, lagen im Vorfeld alle falsch. Stattdessen breitet sich vor uns eine imposante Felswand aus – mit einem gefühlt fast senkrechten Anstieg über loses Geröll. Umdrehen? Keine Option, es sei denn, wir würden den gesamten Weg zurückgehen – was aus Zeitgründen nicht infrage kommt.
Also kämpfen wir uns mit unseren großen Rucksäcken, teilweise im Vierfüßlergang, den kaum erkennbaren Pfad hinauf. Und dann passiert es: Ich rutsche ab. Für einen Moment sehe ich mich schon den ganzen Abhang hinunterstürzen … Zum Glück komme ich rechtzeitig zum Stehen. Doch der Schreck sitzt tief – und muss erst einmal mit ein paar wütenden Tränen und einer kurzen Pause verarbeitet werden. Danach geht es langsam weiter. Kurz vor dem Gipfel erwarten uns noch einige Passagen, die keinerlei Höhenangst dulden.
Und dann ist es geschafft! Wir stehen auf dem stacheligen, felsigen Gipfel des Pic Carlit. Leider sind wir nicht allein – es ist Wochenende, und einige Wandernde haben denselben Plan. Der Ausblick über die Pyrenäen ist atemberaubend, aber nach dem anspruchsvollen Aufstieg brauche ich erst einen Moment, um ihn wirklich zu genießen.
Der Abstieg auf der Ostseite ist zwar etwas leichter, bleibt aber alpin und erfordert mehr als nur Trittsicherheit – an manchen Stellen ist sogar Klettern nötig. Am ersten Bergsee, den wir passieren, legen wir eine wohlverdiente Pause ein.
Nicht weit entfernt erreichen wir eine Hochebene mit zahlreichen Seen, wo das Campen ausdrücklich erlaubt ist. Wir suchen uns ein traumhaftes Plätzchen direkt am Wasser – und lassen die Nacht inmitten dieser beeindruckenden Bergwelt beginnen.
Highlights: Gipfelbesteigung des Pic Carlit, grandiose Fernsicht, alpine Bergwelt
Herausforderung: Technischer Anstieg, Trittsicherheit und alpine Erfahrung erforderlich
Etappe 3: Zurück ins Tal – Natur pur & stille Bergseen
Dauer: 02:03 h | Länge: 6,33 km | Komoot
Der letzte Tag unserer Tour führt uns nur noch auf einer kurzen Wanderung zurück zum Ausgangspunkt. Wir stehen früh auf, genießen den Sonnenaufgang und die Einsamkeit der Hochebene – ein Moment voller Ruhe und Schönheit. Diese Landschaft erinnert mich an Kanada.
Über gut begehbare Wege geht es entspannt zurück zum Auto. Während des Rückwegs bleibt Zeit, die Erlebnisse der letzten Tage nachwirken zu lassen.
Highlights: Stille Berglandschaften, entspannter Rückweg, Zeit zum Innehalten
Tageswanderungen
West-Pyrenäen
Tagestour 1: Von Col de la Pierre Saint-Martin nach Gipfel von Arlas
Dauer: 1:30 h | Länge: 4,18 km
Diese mittelschwere Wanderung startet am Col de la Pierre Saint-Martin, einem Gebirgspass an der französisch-spanischen Grenze, und führt dich hinauf zum Gipfel des Arlas (2.044 m). Die Strecke ist mit 4,18 km und einem Anstieg von 210 m ideal für alle, die eine knackige, aber gut begehbare Wanderung suchen.
Unterwegs genießt du beeindruckende Panoramablicke auf die Täler von Roncal in Spanien und Haute-Soule in Frankreich. Der Gipfel von Arlas bietet einen fantastischen Aussichtspunkt, von dem du die umliegenden Berge und Täler in vollen Zügen bewundern kannst.
Highlights:
✓ Gipfel Arlas – Panoramablick
✓ Col de la Pierre Saint-Martin – Gebirgspass an der Grenze
Mittel-Pyrenäen
Tagestour 2: Durch den beeindruckenden Añisclo-Canyon
Dauer: 3:30 h | Länge: 9,84 km
Diese mittelschwere Wanderung führt dich durch den spektakulären Añisclo-Canyon im Parque Nacional de Ordesa y Monte Perdido. Auf 9,84 km und einer Höhenänderung von 430 m erkundest du eine der beeindruckendsten Schluchten der Pyrenäen. Die Strecke ist gut begehbar, jedoch erfordert sie gute Kondition und Trittsicherheit, da du teilweise über steinige Abschnitte und schmale Pfade gehst.
Die Wanderung startet am Aparcamiento de San Úrbez, einem Parkplatz, und führt dich entlang des klaren Rio Bellos, der immer wieder mit wunderschönen Wasserfällen und ruhigen Poolen begeistert. Unterwegs erreichst du auch die Ermita de San Úrbez, eine Felseneinsiedelei aus dem 8. Jahrhundert, die in der steilen Felswand verborgen liegt. Der Blick auf diese historische Stätte und die umliegende Natur ist ein echtes Highlight.
Nach 3,33 km gelangst du zu einem der schönsten Stellen der Wanderung, den vielen Wasserfällen entlang des Rio Bellos, bevor du weiter in den Canyon vordringst.
Highlights:
✓ Añisclo-Canyon – beeindruckende Felsformationen und Wasserfälle
✓ Ermita de San Úrbez – historische Felseneinsiedelei
✓ Rio Bellos – Wasserfälle entlang des Weges
Tagestour 3: Wandern am höchsten Berg der Pyrenäen im Maladeta-Massivs in der Gemeinde Benasque
Dauer: 3:50 h | Länge: 8,57 km
Diese mittelschwere Wanderung führt dich in das beeindruckende Maladeta-Massiv, das Heimat des höchsten Gipfels der Pyrenäen, des Aneto (3.404 m), ist. Auf 8,57 km und einem Anstieg von 520 m erlebst du eine abwechslungsreiche Wanderung in einer der wildesten Regionen der Pyrenäen. Die Strecke ist überwiegend gut begehbar, erfordert jedoch gute Kondition und Trittsicherheit, besonders in den steileren Abschnitten.
Der Ausgangspunkt der Tour ist das Plan d'Estan im Valle de Benasque, von wo aus du durch die atemberaubende Berglandschaft wanderst. Ein Highlight der Tour ist der Wasserfall entlang des Weges. Die Tour endet wieder am Plan d'Estan, wo du den Blick auf die majestätischen Gipfel des Maladeta-Massivs genießen kannst.
Highlights:
✓ Wasserfall – Zwischenstopp auf dem Weg
✓ Blick auf den Aneto – den höchsten Gipfel der Pyrenäen
✓ Valle de Benasque – eine der schönsten Täler der Region
Tagestour 4: Lago de Gerber – Vall de Gerber Runde von Baqueira
Dauer: 3:40 h | Länge: 8,89 kM
Diese mittelschwere Wanderung führt dich durch das malerische Vall de Gerber mit seinen Seen und spektakulären Bergpanoramen. Auf 8,89 km und einem Anstieg von 430 m kannst du die Schönheit der Pyrenäen in vollen Zügen genießen. Die Wanderung beginnt am Parkplatz “Aparcament Peülla” und führt dich entlang des Ruta llacs de Gerber, einem beliebten Wanderweg.
Unterwegs passierst du den Estanyola de Gerber, einen kleinen See, und erreichst nach etwa 2,8 km den Estanyet de Gerber de Baix, von dem aus du einen herrlichen Blick auf den größten See, den Estany de Gerber, hast. Dieser See liegt auf einer Höhe von 2.150 Metern und ist das Höhepunkt der Wanderung. Danach führt dich der Weg zu dem “Cascada de Gerber”, einem wunderschönen Wasserfall. Auf selben Weg geht es zurück zum Ausgangspunkt.
Highlights:
✓ Estany de Gerber – der größte und eindrucksvollste See der Tour
✓ Cascada de Gerber – Wasserfall auf dem Weg zur Mataró-Hütte
✓ Vall de Gerber – abwechslungsreiche Landschaften mit herrlichem Bergpanorama
Andorra
Tagestour 5: Wanderung nach Estany del Meligar in Andorra
Dauer: 3:00 h | Länge: 7,62 km
Diese Wanderung führt dich zum malerischen Estany del Meligar, einem idyllischen Bergsee im Herzen der Andorraner Pyrenäen. Mit einer Strecke von 7,62 km und einem Anstieg von 400 m erwartet dich eine abwechslungsreiche Wanderung, die teilweise gut begehbare Wege, aber auch etwas Trittsicherheit erfordert. Der Ausgangspunkt der Wanderung ist das Skigebiet “TSD4 Cubil (Telecadira)” und der Parkplatz “Parking El Cubil”.
Der Höhepunkt der Tour ist der Estany del Meligar, ein See, der nicht nur durch seine natürliche Schönheit beeindruckt, sondern auch mit einem spektakulären Panoramablick auf die Pyrenäen und die unberührte Natur des Gebirgsmassivs belohnt.
Der Weg führt dich bis zum Estany de les Fonts, dem zweitgrößten See im Circ de Pessons, einem Gebiet, das für seine beeindruckenden Bergseen bekannt ist. Die Wanderung bietet immer wieder wunderschöne Ausblicke auf die umliegende Natur und vermittelt das Gefühl, ganz fernab der Zivilisation zu sein.
Highlights:
✓ Estany del Meligar – ein ruhiger, unberührter Bergsee
✓ Estany de les Fonts – zweitgrößter See im Circ de Pessons
✓ Panoramablick – weitreichende Ausblicke auf die Pyrenäen und Andorra
Fazit
Die Pyrenäen haben uns mit ihrer wilden Schönheit, den einsamen Berglandschaften und der beeindruckenden Vielfalt an Wanderwegen vollkommen in ihren Bann gezogen. Unsere 3-Tages-Trekkingtour auf den Pic Carlit war dabei der Höhepunkt – eine herausfordernde, aber lohnenswerte Rundtour mit traumhaften Panoramen, alpinen Pfaden und Nächten unter dem Sternenhimmel. Der Anstieg zum Gipfel des Pic Carlit hat uns nicht nur körperlich, sondern auch emotional einiges abverlangt, doch der atemberaubende Ausblick auf die Pyrenäen hat jede Anstrengung wettgemacht.
Neben dieser Mehrtagestour haben uns auch unsere Tageswanderungen begeistert. Vom Col de la Pierre Saint-Martin mit der Besteigung des Gipfels Arlas, über die spektakuläre Wanderung des Añisclo-Canyons, bis hin zu den klaren Bergseen der Gerber-Route – jede Tour hatte ihren eigenen Charakter und zeigte eine andere Facette dieser faszinierenden Gebirgslandschaft. Wenn du auf der Suche nach einem echten Outdoor-Abenteuer bist, dann schnapp dir deinen Rucksack – es lohnt sich!
Literatur
Folgendes Buch hatten wir dabei.
Holtkamp, Stefanie. Pyrenäen: 50 Wander- und Entdeckertouren zwischen Mittelmeer und Atlantikküste. 2. Auflage, Naturzeit Reiseverlag, 2023.